Die «Wachstumsmotoren» und Schlüsselbranchen helfen der Baselbieter Wirtschaft
Auch wenn im Monat April 2019 das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Prognosen für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,5 auf noch 1,1 Prozent senkte, so sind die Vorhersagen für die Baselbieter Wirtschaft nach wie vor gut. Als regionale Wachstumsmotoren in Erscheinung treten im Kanton Basel-Landschaft besonders die stark exportorientierten Segmente Chemie und Pharma auf sowie die Kunststoffbranche und die Investitionsgüterindustrie.
Es zeichnete sich schon im Verlaufe des letzten Kalenderjahres ab, dass der Kulminationspunkt des Konjunkturaufschwungs bald erreicht sein würde. Die Weltwirtschaft verliert laut dem Seco stärker an Schwung als erwartet. Das bremst den Schweizer Aussenhandel und die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Schweizer Wirtschaft hatte sich in der zweiten Jahreshälfte 2018 schon deutlich abgekühlt.
So haben auch die globalen Wachstumsimpulse für die Baselbieter Unternehmen in den letzten Monaten spürbar nachlassen, wie ein Bericht der Standortförderung Baselland (Sitz in Liestal) bereits in einer Einschätzung im Jahre 2018 voraus sagt. Das erwartete BIP-Wachstum von 1.6 Prozent für den Kanton Basel-Landschaft für das Jahr 2019 (etwas höher als der Schweizer Durchschnitt von 1,5) sollte sich wieder deutlich Richtung Potenzialwachstum orientieren. Mit etwas Sorge sehen jene Baselbieter Unternehmen eine Wachstumsverlangsamung, die in stark exportorientierten Branchen tätig sind. Diverse Handelskonflikte und die Einführung von möglichen Strafzöllen werfen Schatten auf die Konjunktur des Kantons.
Schlüsselbranchen sorgen für gute Stimmung
Dennoch: Das Umfeld für die Baselbieter Wirtschaft ist nach wie vor gut. Die Weltwirtschaft war bis vor einigen Monaten noch im Expansionsmodus, was noch positive Nachwirkungen hat. Das sorgte – zumindest bis Mitte 2018 – für eine solide Auslandsnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Zusätzliche Unterstützung erhielten die Unternehmen – insbesondere auch im produzierenden Sektor – vom schwächeren Schweizer Franken. Auch der inländische Konsum hat sich auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert (Quelle Standortförderung BL). Tatsache ist zudem, dass es den kantonalen Schlüsselbranchen gut geht. Dies bestätigen die gut gefüllten Auftragsbücher sowie die Kapazitätsengpässe, die eine gewisse Investitionsfreude befeuern. Die Bereiche Chemie, Pharma, Kunststoffe und die Investitionsgüterindustrie spielen da eine entscheidende Rolle. Die Wertschöpfung ist in diesen Segmenten nach wie vor hoch. Aufgrund der grossen Bedeutung dieser Branchen an der kantonalen Wirtschaft fällt dementsprechend auch deren Wachstumsanteil überdurchschnittlich hoch aus. Aufgrund ihrer Branchenstruktur spielte dies 2018 besonders den Bezirken Liestal (+2.7%) und Arlesheim (+2.4%) in die Karten.
Das Wachstum betraf auch das verarbeitende Gewerbe. Im Dienstleistungssektor war zuletzt die Wachstumsrate eher bescheiden. Die höchsten Expansionsraten sind auch heuer bei den unternehmensbezogenen Dienstleistungen sowie den Logistiksegmenten Verkehr und Lagerei sowie Handel (primär Grosshandel) zu erwarten. Auch die Konsumausgaben der privaten Haushalte stiegen dank des überraschend kräftigen und schnellen Aufschwungs auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote im Kanton Basel-Landschaft betrug im Mai 2018 noch 2.1 Prozent, was einem beachtlichen Rückgang innert Jahresfrist entspricht (Mai 2017: 2.9%). Insgesamt profitierten nahezu alle Branchen von der breit abgestützten Boomphase.
Das unabhängige Schweizer Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Economics prognostizierte für 2018 zwischenzeitlich sogar ein ausserordentlich hohes reales BIP-Wachstum von 2.4 Prozent für die Schweiz (2017: +1.0%). Dies hatte mit der damalig vorherrschenden Wachstumsdynamik zu tun.
Baselbieter Wirtschaft zehrt noch vom «Boomjahr 2018»
Rückmeldungen aus den Unternehmensgesprächen der Standortförderung Baselland bezeugen: Die Baselbieter Firmen berichteten von gutem bis sehr gutem Geschäftsgang in der ersten Jahreshälfte 2018. Auffallend positiv fielen die Einschätzungen in den elektrotechnischen, feinmechanischen und metallverarbeitenden Zulieferbetrieben aus. Teilweise wurden offenbar – so heisst es im Bericht der Standortförderung – zeitweise sogar Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich verzeichnet, was zu Engpässen sowohl beim Maschinenpark wie beim Personalbestand führte.
Eine gute Konjunktur bedeutet jedoch nicht, dass es allen Branchen gut läuft: Im Umfeld der Uhrenindustrie kämpft man schon seit langem mit Margenproblemen und sinkenden Preisen. Auch Produzenten von Konsumgütern verspüren nach wie vor einen relativ hohen Preisdruck. Hier überlagert der Struktur- ja sogar Paradigmenwandel im Handel aufgrund der Transformation der Arbeitswelten – namentlich in dieser Branche betrifft dies die Digitalisierung, den Online-Handel, neue Vertriebskanäle und höhere Gesundheitsbedürfnisse – die konjunkturellen Auswirkungen der erhöhten Nachfrage.
Fast in eine «technische Rezession» geraten
Nun ist es jedoch ein Fakt, dass nach einem Rückgang um 0,3 Prozent im dritten Quartal 2018 und einem kleinen Plus von 0,2 Prozent im letzten Jahresviertel 2018 die Schweizer Wirtschaft nur knapp einer so genannten «technischen Rezession» entging.
Von einer technischen Rezession spricht man, wenn zwei Quartale in Folge negative Wachstumsraten aufweisen. Deutschland hatte das gleiche Problem und der nördliche Nachbar ist der wichtigste Aussenhandelspartner der Schweiz. Die Auftragsentwicklung ist derzeit nicht so dynamisch was zur Folge hat, dass viele Unternehmen in der Schweiz auch in den nächsten Quartalen nur zögerlich in ihre Produktionskapazitäten investieren werden und somit Wachstum generieren. Dies gilt unter anderem für die Bauinvestitionen wie auch die Konsumgüterbranche (Quellen: Seco, BAK). Bis ins Jahr 2020 sollte der Trend so weiter gehen, heisst es von Seiten des Seco. Auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich die aktuelle Abkühlung mit Verzögerung manifestieren: Das Seco rechnet für 2020 mit einem Anstieg der Arbeitslosen-Quote auf jahresdurchschnittliche 2,6 Prozent von sehr tiefen 2,4 Prozent im laufenden Jahr.
Bearbeitung: Redaktion,
Quellen: BAK, Standortförderung BL